Saturday, 28. June 2025
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Niederbayern >> Saturday, 28. June 25

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Paula-Maria Kirschner als Gefängniswärterin und Ferdinand Maurer als Räuber Kneißl. (Foto: Peter Litvai)
Nachtkritik

"Rauber Kneißl" - Respekt!

Als Schauspieler Reinhard Peer in Richterrobe das Todesurteil gegen den Räuber Kneißl spricht, fordert er die Zuschauer auf, sich zu erheben.

Es gelingt ihm nach einer Rüge ans Publikum beim zweiten Anlauf. Der Saal steht – und für einen Moment sind alle Teil des Spiels. Dem Verurteilten wird als Polizistenmörder der Tod durch die Guillotine ausgesprochen. „Jetzt können Sie sich wieder setzen!“

Ein Abend, der kracht, berührt und aufrührt – und der wirklich Respekt verdient.

Was Oberspielleiter Wolfgang Maria Bauer auf die Bühne bringt, ist kein Biopic des bayerischen „Robin Hood“. Es ist eine wilde, liebevoll arangierte, musikalisch dichte Jagd durch das Leben eines bayerischen Banditen – frei nach historischen Fakten, zeitlich verschnitten und temporeich erzählt wie ein guter "Tatort". Räuber Kneißl, geboren 1875, gestorben unterm Fallbeil 1902 – hier lebt er noch einmal auf: jung, berüchtigt, einsam.

Ferdinand Maurer mit Schnauzbart und Hut  gibt den Kneißl als Bauernrebell mit Amerika-Traum. Erst das Steckbriefplakat mit tausend Mark Kopfgeld macht ihn wirklich stolz. Ob er wirklich töten wollte, bleibt offen. Vielleicht war’s ja nur ein Querschläger.

Aber das Stück vermeidet klare Urteile. Es feiert den Aufruhr, das Aufbegehren, den Typen von unten – mit Schießerei und Schmäh, mit Schmerz und Saxophon.

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Antonia Reidel als Kneißls Mutter fleht den Totengräber (Reinhard Peer) an, den Leichnam ihres Sohnes nicht der Anatomie zu überlassen. (Foto: Peter Litvai)
Die Musik spielt live und die Musiker wechseln zwischen Notenpult und Bühne. Benedikt Schulz, der Mann an der Trommel beispielsweise, schlüpft in sieben Rollen. Sein Kollege gegenüber, Stefan Sieh spielt Gitarre, Saxophon und Amtsrichter – und überzeugt in jeder Figur.

Katharina Plank verleiht der Mathilde, Kneißls schwärmender Wegbegleiterin, stille Kraft. Und Peer - als Gendarm, Totengräber und Richter – weiß nicht nur, wie man effektvoll fällt, sondern auch, wie man ein Publikum hebt.

Herzstück der Ausstattung: ein alter Bettrost. Hochkant: Gefängnisgitter oder Versteck. Liegend: Grab oder Lotterbett.

Die Guillotine? So groß wie die Bühne. Mal Todesmaschine, mal Bühnenrahmen mal Plakatwand.

Mitleid mit einem Polizistenmörder? Vielleicht. Respekt für diese schauspielerische und musikalische Leistung der dreizehn Mitwirkenden? Unbedingt.

Der Applaus war lang, die musikalische Zugabe herzlich – und das Urteil eindeutig: sehenswert.

Diese Aufführung der "Burgfestspiele" hat wegen der unbeständigen Witterung und des durchweichten Bodens nach den Regenfällen im Opernhaus stattgefunden. Weitere Termine: morgen, Sonntag; und 4. und 5. Juli.

hud