Sonntag, 11. Juni 2023
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Radfahrerin am brüchigen Fels des Georgsberges. (Foto: mediendenk)
Heute im Stadtrat

Bedenken zum Radtunnel Georgsberg

Gegen sieben Stimmen von FDP, Passauer Liste, AfD und einem JU-Mitglied hat heute der Passauer Stadtrat Mehrkosten in Höhe von 1,5 Millionen Euro für den Rad- und Gehwegtunnel durch den Georgsberg abgesegnet.

In der gut einstündigen Debatte sind die Für und Wider zu diesem Projekt ausgetauscht worden. Es wird mit 80 Prozent vom Bund gefördert.

Der Grubweger Stadtrat und Initiator Oliver Robl verwies außerhalb der Sitzung darauf, wie gefährlich vor allem für radelnde Kinder der Ilzdurchbruch sei, vor allem der Salvatortunnel stadteinwärts. Es komme vor, dass Lastzüge in der engen Rechtskurve mit ihren Reifen über die Bordsteinkante geraten; wer auf die Fahrbahn ausweiche, werde lebensgefährlich knapp überholt, das sei seiner zwölfjährigen Tochter passiert.

Mit ungewohnt nüchternen Abwägungen hat Oberbürgermeister Jürgen Dupper das Tunnelprojekt beschrieben, angefügt „mit ungewissem Ausgang, was es kostet“. Seiner Ansicht nach sei es eine „entscheidende Maßnahme“ für das Radwegenetz. Radfahren sei populär geworden, nicht zuletzt durch das E-Bike.

Ein Antrag der AfD, die Bürgerschaft per Ratsbegehren entscheiden zu lassen, ob trotz Mehrkosten am Projekt festgehalten werden soll, wurde mangels schlechter Vorbereitung und fehlender schlüssiger Formulierung der Lächerlichkeit preisgegeben.

Zutreffende Kritik an den beiden AfD-Kollegen übte ÖDP-Stadtrat Urban Mangold. Die AfD habe sich noch nie über zu teure Straßenbauprojekte aufgeregt, aber wenn es um Fußgängern und Radfahrer gehe, werde plötzlich auf die Kosten geschaut.

SPD-Fraktionschef Christian Sturm und JU-Mitglied Jonas Weidenthaler gerieten sich in die Wolle. Sie bezichtigten sich gegenseitig der falschen Wahrnehmung, wie die Verkehrssituation am Durchbruch tatsächlich sei.

Grünen-Stadtrat Boris Burkert, so verkündet der Oberbürgermeister, habe eine halbe Stunde lang eine Zählung vorgenommen, 32 Fußgänger und 18 Radfahrer. Das zeige Handlungsbedarf.

Tatsache ist: In all den Jahrzehnten sind keine Unfälle mit Fußgängern oder Radfahren im Tunnel bekannt geworden, zumindest gibt es keine Pressemeldungen der dazu. Dem entgegnet Robl, dass viele Stürze nicht gemeldet würden, geschuldet der schwierigen Beweislage.

Den Antrag der „Passauer Liste“ im vorangegangenen kombinierten Bau- und Finanzausschuss, den Tunnelbau akribisch zu begleiten, um rechtzeitig Probleme zu erkennen, befindet der Oberbürgermeister offenbar für gut. Er formuliert ihn um zu einem Antrag, der einstimmig beschlossen wird: Der Bau soll von Fachbüros engmaschig begleitet werden, neue Erkenntnisse dem Stadtrat berichtet werden.

Stadtrat Matthias Koopmann („Passauer Liste“) hatte sich in der Ausschusssitzung als einziger gegen die Erhöhung des Budgets gewandt. Er prophezeit, dass die tatsächlichen Kosten „drastisch“ höher ausfallen werden. Er nennt 8 Millionen Euro. „Sie müssen den Eindruck haben, alles wird teurer“, hielt ihm Oberbürgermeister Jürgen Dupper entgegen. Schließlich bekäme der Stadtrat die 80 Prozent der Fälle, in denen das Budget nicht erhöht werden muss, nie zu Gesicht.

Der Radtunnel, etwa drei Meter breit, sei für Fußgänger gefährlich, da die Gerade die Radler zum Rasen ermuntere, argumentiert Koopmann. Er erwähnt die finanzielle Lage der Stadt. „Wir wären gut beraten, jeden Cent dreimal umzudrehen.“ Er erinnert an das Bürgerbegehren 2013, bei dem die Mehrheit der Passauer den Tunnel abgelehnt hat. Diesmal werde die Öffentlichkeit nicht gefragt. Nichtsdestotrotz gehöre die Radsituation in Passau „erheblich verbessert“, fügt Koopmann an.

Mit dem Bau eines Tunnels nicht erst warten, bis ein Mensch zu Schaden gekommen ist, meldet sich im Ausschuss Initiator Robl zu Wort. Spuren für Radfahrer und Fußgänger seien getrennt geführt, es werde kein "Tunnel des Schreckens" werden. Er sagt, er könne Name und Adresse eines dort Verunfallten nennen.

Grünen-Stadtrat Karl Synek erzählt von einem seiner Enkelkinder, das auf dem Tunnelgehweg vom Rad stürzte und beinahe auf die Fahrbahn fiel. Der Autor fügt an, solche Gefahrenstellen für Radelnde reihen sich im Stadtgebiet zuhauf.

Der Tunnel tauge als Notweg für Feuerwehr und Rettungseinsätze, hieß es in der Plenumssitzung. Stadtbrandrat Andreas Dittlmann bestätigt, dass im Gegensatz zum Stadttor am Paulusbogen hier der größte Feuerwehrwagen durchpasse.

Koopmann berichtet, er habe bei einer Besichtigung des Gesteins auf der Seite Salvatorkirche einen Schuhkarton großen Felsbrocken mit einem Finger lösen können. Baureferatsleiter Wolfgang Seiderer entgegnet, ein Geologe habe das Gestein untersucht, zwei Probebohrungen, es sei „stabil und standhaft“. Der OB gibt sich vorsichtig. Wenn er Risiken vorhersagen könnte, würde er Lotto spielen.

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Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer, der mit seinem Scheck über 3,3 Millionen Euro im Herbst 2021 den Anschub für die dritte Röhre durch den Georgsberg geleistet hat, verweist Kritiker darauf, dass das Projekt immerhin zweimal fachlich geprüft worden sei. Er rühmt sich als Investor in den Radverkehr: Als er das Ministerium übernommen habe, habe der Radwege-Etat mit 400 Millionen Euro begonnen, übergeben habe er ihn mit 2 Milliarden, behauptet er.

Die Stadtratssitzung hat mit der Ehrung von CSU-Stadtrat Josef Reischl begonnen, der mit 45 Jahren Amtszeit der längst gediente Passauer Stadtrat der Nachkriegszeit ist. Ebenso lange gehört er dem Bauausschuss an. Oberbürgermeister Dupper merkt zur Unterhaltung an, dem Passauer Bauausschuss sei einst von Kritikern angeheftet worden, er würde sogar einen Würstlstand im Dom genehmigen.

ks/ hud

Vorbericht vom selben Tag:

Heute soll der Passauer Stadtrat entscheiden, ob die Finanzspritze für den geplanten Radtunnel durch den Georgsberg weiter aufgezogen wird. „Die geschätzten Gesamtkosten der Maßnahme erhöhen sich um 1,5 Millionen Euro auf insgesamt 5,6 Millionen“, heißt es in den Unterlagen.

Die „Passauer Liste“ und die „AfD“ haben mit ihren Anträgen Bedenken angemeldet. Das Kosten- und Schadensrisiko wegen des brüchigen Felsen wollen die einen untersucht haben, die anderen nennen es ein „völlig überflüssiges“ Projekt, da es dem Radwegenetz nicht wirklich diene.  

Kritikpunkte dieser Redaktion:

  • Der geplante Radtunnel durch den Georgsberg hat so viel Nutzen wie eine Autobahnbrücke mitten in der Landschaft. An beiden Ausgängen fehlt die barrierefreie Fortsetzung für die Radelnden; auf der Altstadtseite endet der Tunnel an der vierspurigen Bundesstraße und am Brückenanschluss gegenüber fehlt der Radweg; auf der Ilzstadtseite fehlen die Anschlüsse zur Häuserzeile der Freyunger Straße, weder auf dieser Bundesstraße noch auf den Ilzbrücken sind Radwege eingerichtet. So wie in der Innstadt der Radelnde über die Treppen der Schiffmühlgasse zum Inn weggeleitet wird, soll er hier in den Bschüttpark abgeleitet werden.
  • Menschen bewegen sich bevorzugt unter freiem Himmel und nicht unter Tage. Die verwaist liegenden Unterführung am Schanzl und am Anger veranschaulichen dies. Auto dagegen sind in Tunnels besser aufgehoben, wie Stadtplaner anderswo vorführen.
  • Das Rathaus betont in jeder Pressemitteilung, dass die Stadt nur einen Bruchteil der Kosten zu tragen habe, 80 Prozent. Es handelt sich so oder so um Steuergelder, die anderswo fehlen.
  • Der aktuelle Sommerradverkehr zeigt es: Der gut frequentierte Radweg führt von und ins Donautal. All diese Radelnden werden diesen Tunnel nie nutzen, sondern den überschaubaren und mit breitem Geh- und Radweg ausgestatten Tunnel am Niederhaus.

Der Fels ist tückisch und brüchig, hat der Felssturz an der Bundesstraße 388 dieses Frühjahr gezeigt. Gefährden die Bohrungen und ihre Erschütterungen die Verankerungen der Hängebrücke? Schädigen die Felsarbeiten  das am Ilzer Tunnnelausgang erbaute  Denkmal „Salvatorkirche“? Triebt Unvorhersehbares die Kosten weiter in die Höhe? Solche Fragen will die "Passauer Liste" geklärt haben.

Der Radtunnel schimmert wie ein goldenes Feigenblatt „Schaut her, wir tun etwas für den Radverkehr!“ Tatsächlich ließe sich mit diesem Geld das holprige Passauer Radwegenetz sinnvoll und nützlich glätten. Beispiel: Sichere und schnelle Radwegeverbindungen über den Inn gehörten dringend geschaffen.

Die Passauer Bürgerschaft hat diese dritte Röhre durch den Georgsberg bei einer Abstimmung 2013 mit großer Mehrheit abgelehnt.  

Ab 15.30 Uhr tagt der Passauer Stadtrat in Ausschüssen und ab 16.15 Uhr im Plenum öffentlich zu diesem Thema. Ort: Großer Redoutensaal.

 
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