· | Brennpunkt >> Freitag, 13. Februar 09
Passau, Profitgier und die PresseSehr geehrte Frau Simone Tucci-Diekmann, nur wenige Meter vor Ihrer Haustür auf der Ries haben sich gestern Abend fast 100 Ihrer wichtigsten Mitarbeiter getroffen. Redakteure aus Passau, Altötting und Landau an der Isar, aus ihrem gesamten Verbreitungsgebiet. Leider waren Sie nicht dabei. Darum berichte ich Ihnen, was Sie verpasst haben. Sie können stolz sein, solche Mitarbeiter zu haben. Denn sie sorgen sich nicht nur um ihre Arbeitsplätze, ihre Existenz, ihre Familien – sie sorgen sich auch um „ihre“ Zeitung. Um den guten Ruf, um den besseren Zugang zum Leser, ja sogar um Ihre Anzeigenkunden. Diesen Journalistinnen und Journalisten blutet das Herz, weil sie sich nach acht, fünfzehn oder gar dreißig Dienstjahren eigentlich als „PNP-Familie“ fühlten. Sie aber haben alles unternommen, diese auseinanderzureißen. Diese Mitarbeiter sind, mal anschaulich gesprochen, das „Hirn“ Ihres Unternehmens. Wie töricht, dass Sie es teilweise amputieren wollten. Zum Glück haben beherzte Betriebsräte und kämpferische Solidarität das im letzten Moment verhindert. Am Samstag wollten die PNPler durch die Fußgängerzone ziehen und am Aschermittwoch streiken. Das hat Ihnen wohl einen Stich versetzt. Eine gute Heimatzeitung hat viele Aufgaben. Sie ist auch Anwalt für Arme, Pranger für Politiker, Gegner der Geldgierigen. Jetzt mussten wir erfahren, dass es auch bei Ihnen nur der schnöde Mammon ist, der Sie treibt. Darum dürfen Sie sich nicht wundern, wenn Sie selbst am Pranger stehen. Schlimmer noch: In den letzten Tagen, Wochen und Monaten haben Sie das Engagement junger Journalisten und die Treue lang gedienter Redakteure mit Füßen getreten. Sie haben Familienväter, alleinerziehende Mütter und Singles in Angst und Panik versetzt. „Betriebsbedingte Kündigung“ hieß die Schlinge, die Sie ihnen um den Hals legten. Es flossen Tränen. Sie haben angeblich auch geweint, aber es waren, das behaupte ich mal, Krokodilstränen ums Geld. Vielleicht haben Sie nur die falschen Berater oder ein fehlendes Bewusstsein, welches Erbe Sie angetreten haben. Wahrscheinlich fehlen Ihnen Vorbilder, das Ethos der alten Verleger, wie es der legendäre Gründer Ihres Imperiums, der Journalist Dr. Hans Kapfinger war. Haben Sie einmal darüber nachgedacht, warum er eine Lizenz, eine Erlaubnis, benötigte, um als einer der ersten deutschen Verleger nach dem Zweiten Weltkrieg wieder eine Zeitung zu drucken? Weil Verleger keine Gelddruckmaschine bedienen, sondern Verantwortung und Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft haben: Sie sind die Säulen der im Grundgesetz verankerten Pressefreiheit. Es gab eine Zeit, da hätten Sie in Ihrer Verlegerrolle als „eiserne Lady“ schlechte Karten gehabt. Da galt der Chefredakteur noch als unantastbare Größe im Zeitungshaus und die Trennlinie zwischen Redaktion und Verlag war klar gezogen. „Innere Pressefreiheit“ nennt man das. Heute sind diese Grenzen verwaschen und geschickte Verleger haben Chefredakteure zu „Geschäftsführern“ gemacht, zu Handlangern des wirtschaftlichen Erfolges. Auf der Strecke bleibt der echte Journalismus. Er nimmt kein Blatt vor dem Mund, dient dem „kleinen Mann“ und nicht den Mächtigen, den Wohlhabenden, dem Kommerz. Ich muss Ihnen das alles erzählen, weil Sie von einer ernst zu nehmenden Verlegerin so weit weg sind wie Liechtenstein von der Fußballweltmeisterschaft. Leider, das soll keine Entschuldigung sein, gibt es immer mehr von Ihrer Sorte. Kommen Sie zurück auf den Boden der niederbayerischen Provinz und lassen Sie sich von Ihren Schreiberlingen erzählen, was die Menschen da draußen wirklich interessiert. Dann vergessen Sie Ihr Leben zwischen goldenen Löffeln, Poolpartys und Designerklamotten. Für Gerechtigkeit und Liberalität zu kämpfen macht auch Spaß. Sie haben doch mal Jura studiert. „Ich werde mir künftig zweimal überlegen, ob ich für ein Unfallfoto in den Graben steige und mir die Schuhe schmutzig mache“, drückte gestern ein Fotograf seinen Frust aus. Frauke Ancker, die Geschäftsführerin des Bayerischen Journalistenverbandes, nannte es „menschenverachtend“, dass Sie ihre Mitarbeiter wie austauschbare Nummern behandeln, als hätten sie keine Namen. Ein Dutzend Kollegen mit Zeitverträgen stehen immer noch auf Ihrer Abschussliste. Das wird nicht vergessen, weil es die Redaktionen spürbar schwächen wird. Merken Sie denn nicht, wie sehr Sie ihre Leute verletzt haben und immer noch quälen? Ich weiß, dass meine Kollegen, trotz aller Schmach, die sie in der letzten Zeit durch Sie erlitten haben, bald wieder mit voller Kraft im Einsatz sind. Vielleicht nicht für Sie, denn das Vertrauen ist für lange Zeit vertan, aber im Pflichtbewusstsein für Ihren Beruf, für Ihre Leser. Journalisten ticken so. Was für ein Glück für Sie. Stellen Sie sich vor, Ihr Gatte hätte Ihnen mit Scheidung gedroht und Sie eine Nacht vor die Tür gesetzt. Mit welchem Gefühl würden Sie danach wieder die gemeinsame Wohnung betreten? Jetzt wissen Sie, wie es den Redakteurinnen und Redakteuren ergeht, die Sie auf die Schwarze Liste setzten. Sie mussten einen Fragebogen ausfüllen, damit sie Punkte gegen ihre Kollegen und den drohenden Rauswurf sammeln. Geht`s noch unwürdiger? Wenn Sie ihre Zeitung stärken wollen, stärken Sie die Redaktionen. Sie sind Ihr größtes Kapital und bringen mehr Rendite als jede Geldanlage: begeisterte Leser, die gerne zu Ihrer Heimatzeitung greifen und nach der Lektüre zu ihren Nachbarn sagen: „Das musst Du lesen!“ Herzlichst Ihr Hubert Denk ________________ Zu den Vorgängen bei der Verlagsgruppe Passau äußert sich ausführlich BJV-Geschäftsführerin Frauke Ancker im „Medienmagazin“ im Programm B-5-aktuell.
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